Anwendungsneutrale Gebäudeverkabelung

Wie jetzt? Echt jetzt? Eigentlich soll hier doch etwas über „Netzwerke“ stehen und nicht über „anwendungsneutrale Gebäudeverkabelung“? Das eine ist ohne das andere aber nicht zu haben, deshalb hier einige Grundlagen zum Thema:

Stecker und Buchsen

Auch wenn das nicht sonderlich sexy klingt, aber damit ein „Netzwerk“, also die synchrone Verbindung mehrerer Geräte untereinander, überhaupt funktioniert, muss für diese Geräte ein physikalisches Medium existieren, das die Daten transportiert. Dieses Medium ist in den meisten Fällen ein Kabel aus Kupfer. Auch wenn inzwischen schon Funkwellen oder sogar Licht mittels Lichtwellenleiter aus Kunststoff oder Glas als Übertragungsmedium eingesetzt werden, ist in der Veranstaltungstechnik die Kupferverkabelung erst einmal vorzuziehen.

Der Grund für die Empfehlung von Kupfer ist, dass das Transportmedium auch für andere Formen der Signalübertragung genutzt werden kann, ohne dass zusätzliche Signalumsetzer (und damit mögliche zusätzliche Fehlerquellen) eingesetzt werden müssen.

Es ist also theoretisch möglich, über ein und die selbe Leitung etwa Ethernet-Signale, DMX-Daten, Telefon, Lichtzeichensignale, D54, AMX oder Intercom-Signale zu transportieren.

Natürlich nicht gleichzeitig, sondern je nach Verwendungszweck.

Wenn eine Verkabelung fest in einem Gebäude installiert wird (wie zum Beispiel in einem Theater) und für unterschiedliche Zwecke eingesetzt werden kann, so spricht man von einer anwendungsneutralen Gebäudeverkabelung.

Und eine der wichtigen Grundlagen für eine funktionierende Datenübertragung sind neben den verwendeten Kabeltypen auch die Stecker und Buchsen.

rj45stecker

Sicherlich wird jetzt der eine oder andere User empört und laut aufschreien, dass diese kleinen Steckerchen nicht im rauen Bühnenalltag überleben werden. So ganz unrecht haben sie damit sicherlich nicht, sind doch diese Steckverbinder nicht so robust und nicht so unverwüstlich wie zum Beispiel der gute alte Eberlstecker. Allerdings gibt es für den Einsatz dieser Steckverbindungen sehr gute Gründe:

  • Es hat keinen Sinn, eine neue Steckernorm extra für den Einsatz von Netzwerktechnik in der Veranstaltungstechnik zu entwickeln, da sicherlich weltweit keine sehr großen Stückzahlen erreicht werden und damit der Einzelpreis fast zwangsläufig astronomisch hoch wäre.
  • Das angebotene Standardequipment der Computerindustrie ist in einem erschwinglichen Kostenbereich angesiedelt und damit ist diese Art der Steckverbindung eine Norm.
  • Für den richtig rauen Einsatz bietet die Industrie entsprechende Stecker und Buchsen mit Verriegelungssystemen, inklusive IP65. Die Firma Neutrix bietet sogar einen Zwitter aus XLR und RJ45 an. Dessen Einsatz ist allerdings durch die fehlenden Kompatibilität mit den Standardnetzwerkkomponenten eingeschränkt.
  • Die DIN 56930 (DIN-DMX) fordert für die Neu- und Festverlegung von Kabelverbindungen zum Transport von DMX-Daten inzwischen Kabeltypen nach CAT5 oder besser. Damit ist der Schritt zur anwendungsneutralen Gebäudeverkabelung sehr klein.
  • Die Stecker und sonstigen Einzelkomponenten sind sehr günstig in der Anschaffung und noch einfacher in der Installation, so dass bei einer Beschädigung der Einzelkomponenten ein kompletter Austausch schneller, einfacher und kostengünstiger ist als eine Reparatur.

Steckerbelegung und Adernfarben

Der internationale Standard DIN EN 50173 regelt die Kabelbelegung bei Kupferkabeln in Netzen. Es gibt 4 Kabelpaare:

paare
Blick in die Buchse
  1. Paar 1 Pins 4, 5
  2. Paar 2 Pins 1, 2
  3. Paar 3 Pins 3, 6
  4. Paar 4 Pins 7, 8
tpstecker

die aufgeführten Paare verwenden die folgenden unterschiedlichen Übertragungssysteme:

  • Token Ring verwendet die Paare 1 und 3
  • 100BaseT4 und VG-Anylan verwenden alle Paare
  • ISDN verwendet die Paare 1 und 3
  • ATM verwendet die Paare 2 und 4
  • TP-PMD verwendet die Paare 2 und 4
  • AS 400 verwendet das Paar 1
  • IBM 3270 verwendet das Paar 2
  • Vorschlag für DMX: Paar 1 und 4

Damit kann über die selbe Leitung im Notfall theoretisch neben 10BaseT und 100BaseTX auch DMX übertragen werden; die gleichzeitige Nutzung von unterschiedlichen Signaltypen empfiehlt sich aber in der Praxis nicht und es wird dringend davon abgeraten!

Adernfarben

Bei den Adernfarben gibt es 2 Belegungen (die aber bis auf die Farben zum gleichen Ergebnis führen).

kabelfarben

Man muss sich nur an einen der beiden Standards halten, damit man nicht durcheinander kommt.
Normales 100BaseT- und 10BaseT-Kabel kommt mit den Adern an den Pins 1, 2, 3 und 6 aus.
Die Pins 4, 5, 7 und 8 werden für 100BaseT4+ benötigt.

Standard EIA/TIA-T568A-BelegungStandard EIA/TIA-T568B-Belegung
Pin 1Weiß / GrünWeiß / Orange
Pin 2GrünOrange
Pin 3Weiß / OrangeWeiß / Grün
Pin 4BlauBlau
Pin 5Weiß / BlauWeiß / Blau
Pin 6OrangeGrün
Pin 7Weiß / BraunWeiß / Braun
Pin 8BraunBraun

Die Belegung ist grundsätzlich eins zu eins an beiden Steckern.

Auf Dosen ist die Belegung aufgedruckt (bzw. die LSA-Klemmen sind einfach in der entsprechenden Farbe markiert).

Die Kabelfarben kennzeichnen die verdrillten Adernpaare, die Paare müssen eingehalten werden.

Cross-Over-Kabel

Die sogenannten Cross-Over-Kabel dienen zur Verbindung zweier Hubs. Auf diese Weise kann man die Zahl der verfügbaren Rechneranschlüsse erhöhen. Beachten Sie aber, dass sich nur eine begrenzte Zahl von Hubs kaskadieren lässt.

cross

Anschlussbelegung der Twisted-Pair-Unterputz-Kanäle

twisted

In der Regel wird das Fabrikat Telegärtner MJ45 LFS 8/8 verwendet. Die Darstellung links zeigt die Draufsicht (anschlussseitig) der Dose. Die obere Klemmenreihe ist für die linke Dose, die untere Klemmenreihe für die rechte Dose. Beim Standardnetz sind nur 4 Kabeladern pro Dose anzuschließen (Pins 1,2, 3 und 6, siehe rechts).

Anschlussbelegung der Twisted-Pair-Stecker für Hub

stecker

100Base-T4 und 1000BaseT

Die in der Veranstaltungstechnik derzeit noch nicht so häufig verwendeten Übertragungsgeschwindigkeiten von 100Base-T4 und 1000BaseT nutzen im Gegensatz zu 10BaseT alle 4 Adernpaare. Die Steckerbelegung ist der Vollständigkeit halber hier seitlich aufgeführt. Allerdings ist davon aus zu gehen, dass in der nahen Zukunft die meisten Geräte in der Veranstaltungstechnik diesen Standard nutzen werden. Gerade in Hinblick auf Anwendungen, wo eine GROSSE Lichtsteuerung mehrere Videoserver in Echtzeit steuert und dabei auch noch einundülfzig DMX-Universen „rauspustet“.

Y-Kabel

Die theoretisch vorkommenden Y-Kabel sind spezielle Kabel, mit denen man ein voll ausgebautes RJ-45-Kabel, also eines, bei dem alle 4 Paare des Kabels angeschlossen sind, als Verbindungsleitung für 2 Endgeräte benutzen kann. Sinn des Ganzen ist, da man nur 1 Twisted-Pair-Kabel mit 8 Adern verlegen muss, um 2 Computer (oder andere Geräte) anschließen zu können.

An Ihrem Hub belegen Sie 2 Ports, die dann per Y-Kabel auf ein Kabel geleitet werden, das zu einem Verteilungspunkt (Dose) verlegt ist. Von dort wird mit einem weiteren Y-Kabel zu Ihren Endgeräten verteilen.

Vom Einsatz solcher Y-Kabel ist in der Veranstaltungstechnik jedoch dringend abzuraten, da es zu Verwechselungen mit anderen notwendigen Adaptern kommen und damit die Betriebssicherheit der angeschlossenen Geräte gefährdet werden kann!

Mit anderen Worten: eine original „echt dumme Idee“ (auch EDI genannt), so etwas zu benutzen.

Sollte in Ihrer Anlage der Patch-Schrank dann allerdings wie auf dem Photo links aussehen, so haben Sie ein neues Problem, das sich aber durch den beherzten Einsatz von Etikettiermaschienen und dem sauberen Führen einer entsprechenden Tabelle auch in den Griff bekommen lassen sollte 😉


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